Aus der auf dieser Website vorgestellten Theorie über die Ursachen des Stotterns ergeben sich folgende Empfehlungen für Stotterer und für Eltern stotternder Kinder:
Höre beim Sprechen auf deine Stimme und auf deine Worte! Sprich auch die Enden der Worte deutlich und höre darauf!
Wenn du am Beginn eines Wortes oder einer Silbe einen Block befürchtest, richte deine Aufmerksamkeit auf das Ende des vorangehenden Wortes bzw. der vorangehenden Silbe; sprich es deutlich und höre darauf, bevor du weitersprichst!
Stell dir den Klang deiner Stimme vor, ehe du zu sprechen beginnst – besonders dann, wenn du einen Block befürchtest – und überprüfe immer wieder hörend den Stimmklang!
Wenn du vor dem Sprechen aufgeregt bist oder einen Block befürchtest, atme erst einmal kräftig aus! Atme dann vor dem Sprechen kurz und nicht zu tief in den Bauchraum ein; lass dabei die Schultern locker hängen und spüre den festen Boden unter deinen Füßen!
Nimm das Ende der Einatembewegung und das „Umschalten“ auf die Ausatmung bewusst wahr! Lass erst ein wenig Luft heraus und sprich dann mit dem Ausatmen!
Lass Pausen zwischen Sätzen und zwischen Sinnabschnitten innerhalb von Sätzen! Richte dabei die Aufmerksamkeit nicht auf das Wort nach der Pause, sondern lass das Ende des Wortes vor der Pause in dir „nachklingen“!
Wenn du schwer stotterst, versuche folgende Übung (beim lauten Sprechen mit dir selbst und dann mit einer vertrauten Person): Lass zunächst zwischen jeder Silbe, dann zwischen jedem Wort eine Pause! Wenn du auf diese Weise stotterfrei sprechen könnst, reduziere die Pausen allmählich auf ein normales Maß!
Überlege nicht zu lange. ob du etwas sagen sollst und wie du es sagen sollst! Such die Wörter nicht nach schwierigen Lauten ab und tausche keine Wörter aus! Vertraue daruaf, dass du alle Wörter sprechen kannst, solange du auf deine Stimme hörst!
Sprich spontan! Hab keine Furcht, Fehler zu machen, dich zu verhaspeln, dich zu korrigieren, Denkpausen im Satz zu machen – das gehört zum normalen Sprechen!
Bemühe dich nicht, Stottersymptome zu unterdrücken, indem du deine Sprechbewegungen willentlich kontrollieren, z.B. durch weichen Stimmeinsatz oder übertrieben gedehntes Sprechen! Das lenkt deine Aufmerksamkeit vom Hören ab. Wenn Stottern auftritt, lasse es zu! Bleib ruhig und konzentriere dich wieder darauf, deine Stimme wahrzunehmen und Pausen zu machen!
Um aus einem Block herauszukommen, brich das Sprechen ab und wiederhole das Wort vor dem Block! Sprich dieses Wortes noch einmal deutlich und höre darauf, besonders auf das Ende! Erst dann lass das nächste Wort folgen!
1. Auf das Simme hören
2. Den Atem spüren
3. Pausen machen
Die Anwendung dieser Regeln im Alltag muss über einen längeren Zeitraum hinweg eingeübt werden. Das sollte man zunächst in stressarmen Sprechsituationen tun, also beim lauten Selbstgespräch, beim Gespräch mit Freunden oder in der Familie. Eine ausgezeichnete Möglichkeit, in einem geschützten Kommunikationsraum gemeinsam mit anderen Betroffenen zu üben, sind die Stotterer-Selbsthilfegruppen. Eine Selbsthilfegruppe in deiner Region findest du auf der Internetseite der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V..
Ermahnen Sie Ihr Kind nicht, vor dem Sprechen zu überlegen, was es sagen will! Wenn es stottert oder blockiert ist, weiß es ganz genau, welches Wort es sagen will – es bekommt das Wort nur nicht heraus. Vermeiden Sie alles, was das Kind entmutigt, spontan und „frei von der Leber weg“ zu sprechen!
Ermahnen Sie Ihr Kind auch nicht. langsam zu sprechen – schnelles Sprechen ist nicht die Ursache des Stotterns! Sprechen Sie aber selbst nicht zu schnell, wenn Sie mit dem Kind reden, und lassen Sie Pausen zwischen den Sätzen und zwischen Sinnabschnitten innerhalb längerer Sätze! Seien Sie dem Kind ein Vorbild in dieser Art des ruhigen und strukturierten Sprechens!
Hören Sie Ihrem Kind geduldig zu – auch wenn es ein Wort nicht herausbekommt! Lassen Sie das Kind ausreden und beenden Sie nicht an seiner Stelle den Satz, wenn es stecken bleibt – auch wenn Sie längst wissen, was das Kind sagen will!
Die oben aufgeführten Empfehlungen für erwachsene Stotterer gelten sinngemäß auch für Kinder. Die Wahrnehmung des Atems ist wichtig,, weil besonders kleinere Kinder häufig unmittelbar am Sprechbeginn stottern, also nach dem Einatmen.
Die Übungen sollen spielerisch durchgeführt werden, ohne das Kind einem Leistungsdruck auszusetzen. Während der Übungen und auch sonst gilt: Stottern ist erlaubt!
Atemübungen
Legen Sie dem Kind, während es auf dem Rücken liegt, ein leichtes Buch oder ein Plüschtier auf den Bauch, ermuntern Sie es, tief ein- und auszuatmen und zu beobachten, wie sich das Buch hebt und senkt! Alternativ kann die Übung auch im Sitzen mit den Händen auf dem Bauch durchgeführt werden. Lassen Sie dann beim Ausatmen Laute oder einfache Lautfolgen bilden: „m“, „l“, „ma“, „le“, „mimamo“, „lilalu“ usw. – sprechen Sie die Lautfolgen vor und lassen Sie das Kind nachsprechen!
Machen Sie ein Spiel daraus, lassen Sie sich originelle, lustige Lautfolgen („Pseudowörter“) einfallen! Ziel der Übung ist das bewusste Wahrnehmen des Wechsels vom Einatmen zum Ausatmen (nur beim Ausatmen dürfen Laute gebildet werden) und des Atemvolumens (wie lange man mit einem Atem sprechen kann).
Hör- und Sprechübungen
Regen Sie das Kind dazu an, beim Sprechen auf seine Stimme zu hören! Lassen Sie es verschiedene Rollen spielen (Märchenfiguren wie Hexe, Zauberer, Riese, Zwerg, oder Tiere wie Bär, Wolf, Maus) und dabei mit verstellter Stimme sprichen, und erraten Sie, was für eine Rolle das Kind jeweils darstellt.
Improvisieren Sie mit dem Kind kleine Theaterstücke oder spielen Sie bekannte Märchen nach – mit Handpuppen oder mit einfacher Verkleidung. Das Sprechen in einer Rolle mit verstellter Stimme bewirkt, dass das Kind bewusster auf seine Stimme achtet. Das reduziert oft unmittelbar das Stottern.
Sie können die Theaterspiel-Übung erweitern: Erklären Sie dem Kind, was ein Souffleur tut: Er sitzt, für die Zuschauer unsichtbar, in einem Kasten unter der Bühne und spricht den Schauspielern leise die Rollentexte vor. Nun sind Sie der Souffleur und das Kind der Schauspieler. Sie sprechen leise, nicht zu schnell und mit Pausen einen „Rollentext“ vor, den das Kind laut nachspricht (dabei muss es nicht unbedingt die Stimme verstellen).
Anfangs können Sie die Pausen so lang machen, dass das Kind einen kurzen Abschnitt von wenigen Worten hört, ihn nachspricht, dann den nächsten Abschnitt hört usw. Wenn das klappt, verkürzen Sie die Pausen, sodass das Kind gleichzeitig zuhören und sprechen muss. Bei diesem sogenannten „Schattensprechen“ tritt gewöhnlich kaum Stottern auf, sodass auch diese Übung dazu beiträgt, die Zuversicht des Kindes hinsichtlich des Sprechens zu stärken.
Wenn das Kind bereits lesen kann, können Sie mit ihm im Chor lesen. Auch dabei tritt gewöhnlich kaum Stottern auf. Achten Sie beim Lesen darauf, deutliche Pausen zwischen den Sätzen und zwischen Sinnabschnitten innerhalb der Sätze zu machen!
Die Sprechübungen sollten mehrmals pro Woche über einen Zeitraum von einigen Wochen oder Monaten durchgeführt werden. Natürlich soll das Kind die Übungen freiwillig machen, Spaß dabei haben und sich keinem Leistungsdruck ausgesetzt fühlen. Ziel der Sprechübungen ist, jene Netzwerke im Gehirn zu trainieren, die die Einbeziehung der Hör-Rückmeldung des Sprechens in die Steuerung des Sprechens unterstützen.
Das Toobaloo ist ein einfaches Plastikrohr mit gebogenen und verbreiterten Enden. Es wird wie ein Telefonhörer gehalten: ein Ende am Mund, das andere Ende am Ohr. Beim Sprechen wird dadurch die Hör-Rückmeldung sehr direkt zum Ohr gelenkt – das Kind hört seine Stimme lauter und deutlicher. Dadurch vermindert sich das Stottern. Die Kinder lernen so auf eindrucksvolle Weise, wie wichtig das Hören für das Sprechen ist.
Das Toobaloo kann in der Spülmaschine gereinigt werden. Mit einem „Headset“, das zusätzlich angeboten wird – einem einfachen Plastikbügel – kann es am Kopf gehalten werden, sodass das Kind beide Hände frei hat. Das Toobaloo wird von der Organisation Learning Loft in den USA produziert und ist in Deutschland über Amazon oder Ebay erhältlich.